Samstag, 8. Februar 2014

'All is lost' vs. 'Life of Pi' - Seekrank mit Tiger

All is lost BildEin Boot, Robert Redford und der Kampf gegen die Gezeiten. Ich war optimistisch als ich mich auf „All is lost“ einließ. Eine gute Ausgangssituation, von der ich mir einen potentiell interessanten Plot erhofft hatte, ließ mich jedoch enttäuscht zurück. Nicht ungleich des alten Mannes auf seinem Segelbötchen mitten im Nirgendwo, war ich verwirrt von der öde dahin dümpelnden Ausführung mit viel zu langen und teilweise unnötigen Szenen. Ich gab das Genre jedoch nicht auf und versuchte mich endlich an „Life of Pi“, den ich schändlicherweise bisher auf die lange Bank geschoben hatte.
Optisch verlangt der Film sicherlich eine große Kinoleinwand und ordentlich 3D – dem konnte ich jedoch zu Hause nicht dienen. In DVD-Qualität ging es also raus aufs mehr mit der unglaublichen Geschichte des Pi Patel, der sich sein Rettungsboot nach einem Schiffbruch mit einem bengalischen Tiger teilen muss. Regisseur Ang Lee hatte mich schließlich schon damals mit „Brokeback Mountain“ in ein weinendes wenn auch begeistertes Häuflein Elend verwandelt.

 „Life of Pi“ ist groß, bunt, bildgewaltig und ließ mich als solches auch mit einem leichten Gefühl der Seekrankheit zurück. Ich habe ein etwas gestörtes Verhältnis zu großen offenen Gewässern, das diverse Szenen für mich gruseliger macht als so manchen Horrorfilm. Wenn Pi in einer Unterwasseraufname vor dem sinkenden Schiff gezeigt wird, werde ich nervös und auch ein majestätischer empor springender Wal inmitten atmosphärisch leuchtender Quallen, löst bei mir mehr Panik als Begeisterung aus. Ganz normal ist das nicht. Vor allem wenn ich bedenke, dass mir rückblickend sogar der Wal in „Findet Nemo“ nicht ganz geheuer ist wenn er immer größer werdend auf unsere zwei Lieblings-Pixar-Fische zuschwimmt.
Von diesem seltsamen Trauma abgesehen überzeugt „Life of Pi“ durch viel Platz für Interpretation. Am Ende wissen wir nicht, ob sich die Ereignisse wirklich so abgespielt haben. Paradoxerweise bieten die letzten Szenen den Zweiflern eine Alternative und den Gläubigen die Bestätigung, die sie brauchen, um in der Fantastik der Geschichte zu schwelgen. Symbolismus, Philosophie und Religion geben sich die Klinke in die Hand und regen zum Nachdenken an - sind aber auch nicht ganz unanstrengend.
Zwei Stunden später bin unschlüssig. Fehlende Begeisterung eines technisch sehr hochwertigen Films dessen Romanvorlage als unverfilmbar galt. Wenn man jedoch den Hauptprotagonisten schon als kleinen Jungen nervig findet, der erstmal seine Hand in einen Tigerkäfig steckt um dem Tier 'Hallo!' zu sagen, wird es bereits kritisch. Da ich das Buch gelesen habe, wusste ich eigentlich was mich erwartet. Doch Ang Lees oscarprämierte Regiearbeit hat in ihrer Filmform Stärken und Schwächen. Vielleicht bin ich zu hart. Funktionierende Beispiele wie „Cast Away“ und „The Reef“ zeigen, dass ich dem Genre eigentlich nicht abgeneigt bin, aber momentan funkt's irgendwie nicht. Das muss es ja auch nicht immer. Im Vergleich schlägt "Life of Pi" das altersschwache "All is lost" jedoch um Längen.