Ein Boot, Robert Redford und der Kampf
gegen die Gezeiten. Ich war optimistisch als ich mich auf „All is lost“ einließ. Eine gute Ausgangssituation, von der ich mir einen
potentiell interessanten Plot erhofft hatte, ließ mich jedoch
enttäuscht zurück. Nicht ungleich des alten Mannes auf seinem
Segelbötchen mitten im Nirgendwo, war ich verwirrt von der öde
dahin dümpelnden Ausführung mit viel zu langen und teilweise
unnötigen Szenen. Ich gab das Genre jedoch nicht auf
und versuchte mich endlich an „Life of Pi“, den ich schändlicherweise bisher auf die lange Bank geschoben hatte.
Optisch
verlangt der Film sicherlich eine große Kinoleinwand und ordentlich
3D – dem konnte ich jedoch zu Hause nicht dienen. In DVD-Qualität
ging es also raus aufs mehr mit der unglaublichen Geschichte des Pi
Patel, der sich sein Rettungsboot nach einem Schiffbruch mit einem
bengalischen Tiger teilen muss. Regisseur Ang Lee hatte mich
schließlich schon damals mit „Brokeback Mountain“ in ein
weinendes wenn auch begeistertes Häuflein Elend verwandelt.
„Life of Pi“ ist groß, bunt, bildgewaltig und ließ mich als solches auch mit einem leichten
Gefühl der Seekrankheit zurück. Ich habe ein etwas gestörtes
Verhältnis zu großen offenen Gewässern, das diverse Szenen für
mich gruseliger macht als so manchen Horrorfilm. Wenn Pi in einer
Unterwasseraufname vor dem sinkenden Schiff gezeigt wird, werde ich
nervös und auch ein majestätischer empor springender Wal inmitten atmosphärisch
leuchtender Quallen, löst bei mir mehr Panik als Begeisterung aus. Ganz normal ist das nicht. Vor allem wenn ich
bedenke, dass mir rückblickend sogar der Wal in „Findet Nemo“
nicht ganz geheuer ist wenn er immer größer werdend auf unsere zwei
Lieblings-Pixar-Fische zuschwimmt.
Von diesem
seltsamen Trauma abgesehen überzeugt „Life of Pi“ durch viel Platz für Interpretation. Am Ende wissen wir nicht, ob sich die Ereignisse
wirklich so abgespielt haben. Paradoxerweise bieten die letzten
Szenen den Zweiflern eine Alternative und den Gläubigen die
Bestätigung, die sie brauchen, um in der Fantastik der Geschichte zu
schwelgen. Symbolismus, Philosophie und Religion geben sich die
Klinke in die Hand und regen zum Nachdenken an - sind aber auch nicht ganz unanstrengend.
Zwei Stunden
später bin unschlüssig. Fehlende Begeisterung eines technisch sehr hochwertigen Films dessen
Romanvorlage als unverfilmbar galt. Wenn man jedoch den
Hauptprotagonisten schon als kleinen Jungen nervig findet, der
erstmal seine Hand in einen Tigerkäfig steckt um dem Tier 'Hallo!'
zu sagen, wird es bereits kritisch. Da ich das Buch
gelesen habe, wusste ich eigentlich was mich erwartet. Doch Ang Lees oscarprämierte Regiearbeit hat in ihrer Filmform Stärken und Schwächen. Vielleicht bin ich zu hart.
Funktionierende Beispiele wie „Cast Away“ und „The Reef“
zeigen, dass ich dem Genre eigentlich nicht abgeneigt bin, aber
momentan funkt's irgendwie nicht. Das muss es ja auch nicht
immer. Im Vergleich schlägt "Life of Pi" das altersschwache "All is lost" jedoch um Längen.